Redebeiträge 2024
Die geplanten Beiträge der Parade 2024 sind:
Start
1. Begrüßung und Infos
Zwischenkundgebung Kottbusser Brücke
2. Redebeitrag: Rebecca Maskos
3. Redebeitrag: Ray
4. Redebeitrag: Angehörige von Menschen im Maßregelvollzug
Ziel: Südblock
6. Moderation
7. Künstlerischer Beitrag: Andrea Lauer
8. Redebeitrag: Eugenija
9. Glitzerkrücke
10. Moderation
Start:
1. Begrüßung und Infos vom Bündnis der „behindert und verrückt feiern“ Pride Parade Berlin
(Text liegt leider nicht vor.)
Zwischenkundgebung Kottbusser Brücke:
2. Redebeitrag: Rebecca Maskos
Liebe Freaks, liebe Krüppel, liege Eigensinnige, liebe Ver_rückte, liebe behinderte und nichtbehinderte Menschen, liebe Leute auf der behindert und verrückt feiern Pride Parade 2024, es ist mir eine große Freude, dass ich heute hier auf der 11. Parade sprechen darf!
Wir setzen mit der Parade ein Zeichen und sagen: Wir lassen uns nicht ausgrenzen, wir leben gerne, für uns ist Behinderung und Ver_rücktheit nichts, für das wir uns verstecken, sondern wir feiern es hier und heute auf der Straße.
Uns weht aktuell ein ziemlich kalter Wind entgegen. Die bei den Wahlen sehr erfolgreiche AfD sagt: Inklusion ist ein Ideologieprojekt, das wollen wir wieder abschaffen. Auch andere Parteien wollen Inklusion wieder zurückdrehen. Förderschulen werden gerade wieder ausgebaut. Und manche Feind*innen behinderter Menschen werden auch offen gewalttätig: Erst vor ein paar Wochen, Ende Mai, flog zwei Mal ein Stein in die Scheibe einer Wohneinrichtung für behinderte Menschen in Mönchengladbach. Auf dem Stein stand jeweils geschrieben: „Euthanasie ist die Lösung!“.
„Euthanasie“, das heißt auf deutsch: „Schöner Tod“. So nannten die Nazis die Ermordung behinderter Menschen. Sie behaupteten: Es ist „schöner“ für behinderte und ver_rückte Menschen, wenn sie tot sind. Ihr Leben sei weniger wert. Und sie würden den Staat zu viel kosten, nach dem Motto „wer nicht arbeitet soll auch nicht essen“. Auf Grundlage dieses Denkens ermordeten die Nazis systematisch rund 300.000 Menschen mit Behinderungen.
Dieser Massenmord ist nun 80 Jahre her. Doch das Denken, dass unser Leben weniger wert sei, das ist immer noch sehr lebendig in den Köpfen. Etwa wenn Leute denken: Wenn ich vielleicht einmal selbst schwer behindert sein sollte, dann will ich lieber sterben. Oder: Ein Kind mit Behinderung, das möchte ich auf keinen Fall haben, das wird auf jeden Fall ein schlechtes Leben haben.
Denn der Ableismus in unserer Gesellschaft sagt den Menschen: Wenn du eine Behinderung hast, ist das dein eigenes Problem. Ein Schicksal, das man bewältigen musst - am besten alleine. Und wenn man das nicht kann, dann bleibt nur das Heim. Und dort ist das Leben nicht immer selbstbestimmt, sondern oft auch von Fremdbestimmung und Gewalt geprägt.
Und deshalb ist es kein Wunder, dass viele denken: Wenn ich behindert sein sollte, zum Beispiel durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit, dann will ich lieber tot sein. Im Jahr 2020 ist in Deutschland die Beihilfe zum Selbstmord gesetzlich erlaubt worden. Seit dem wird es Menschen sehr einfach gemacht, diesen Plan auch umzusetzen.
In vielen Ländern ist das schon länger erlaubt. Gedacht war das mal für Menschen, bei denen schon klar ist, dass sie bald sterben werden. Doch immer mehr behinderte Menschen beantragten Hilfe zum Selbstmord - auch wenn sie gar nicht krank sind, sondern mit Assistenz, guter Unterstützung und den richtigen Medikamenten noch viele Jahre leben könnten. Richtig schlimm ist es in Kanada, wo zum Beispiel Ärzt*innen vielen behinderten Menschen die Hilfe zum Selbstmord geradezu anbieten. Zum Beispiel wenn sie keine Assistenz bekommen. Soweit darf es bei uns in Deutschland auf gar keinen Fall kommen: dass behinderte Menschen eher ein tödliches Medikament angeboten bekommen, als die Assistenz und Unterstützung, die sie für ein selbstbestimmtes Leben brauchen!
Auch wenn es um den Beginn des Lebens geht, wird oft noch über den „Wert“ eines Lebens mit Behinderung diskutiert. Mit dem „Nichtinvasiven Pränataltest“, abgekürzt auch NIPT, kann man feststellen: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, ob eine schwangere Person einen Fötus mit dem sogenannten Down Syndrom austrägt? Seit zwei Jahren übernimmt die Krankenkasse den Test. Seitdem haben rund eine Viertelmillion schwangere Personen diesen Test gemacht – viel mehr als erwartet. Denn viele Eltern glauben, sie müssten alles dafür tun, kein Kind mit Behinderung zu bekommen Und ihr Umfeld macht ihnen zusätzlich Druck. Obwohl Menschen mit Down Syndrom immer wieder sagen, dass sie ein gutes Leben haben.
Ob jetzt weniger behinderte Kinder auf die Welt kommen, kann man zur Zeit noch nicht sagen. Deswegen ist es gut, dass der Bundesrat letztes Jahr beschlossen hat: Wir beobachten das. Es soll eine Gruppe von Experten geben, die zum Beispiel Zahlen erheben und darüber beraten, ob diese Tests den Ableismus in der Gesellschaft verstärken.
Auch wir in der Behindertenbewegung müssen weiter wachsam sein. Egal, ob das Lebensunwert-Denken nun in Form eines Steins durch eine Fensterscheibe fliegt oder ob es schon fest verankert ist in unseren Köpfen, ohne das wir es merken. Wenn uns ableistisches Denken mal wieder verkauft wird als ein Angebot: Hier darfst du frei und selbstbestimmt über Leben und Tod entscheiden - dann sollten wir hellhörig werden! Denn oft ist so eine Entscheidung in einer ableistischen Gesellschaft gar nicht so frei und selbstbestimmt möglich, wie wir denken.
Vielen Dank für’s Zuhören!
3.) Redebeitrag: Ray
Englisch
I have promised not to speak more than 2 minutes. So is a short speech of my thoughts about the importance of Parade. I got diagnosed with some Psychological disorders 20 years back. I have been a high achiever all my life. My world broke down suddenly everything changed I lost my Job, my girlfriend, my closest of friends and family distanced themselves. My disorders are a part of me but i had to hide them all my life. Be it a job interview, a date, making new friends I always had to come up with excuses to hide that part of me. I always had two coming outs first about my gender identity as Transmasc second as Neurodivergent. Today I feel a bit relieved I can openly stand in this platform the Parade provides and talk about it. Also my speech encourages others like me stand up and talk about it. Disability is not untouchability. Thank you.
Deutsch
Ich habe versprochen, nicht mehr als zwei Minuten zu sprechen. Das ist eine kurze Rede zu meinen Gedanken über die Bedeutung der Parade. Ich wurde vor 20 Jahren mit einigen psychischen Störungen diagnostiziert. Ich war mein ganzes Leben lang ein Überflieger. Meine Welt zerbrach plötzlich, alles änderte sich. Ich verlor meinen Job, meine Freundin, meine engsten Freunde und meine Familie distanzierte sich von mir. Meine Störungen sind ein Teil von mir, aber ich musste sie mein Leben lang verstecken. Sei es ein Vorstellungsgespräch, ein Date, neue Freunde finden. Ich musste immer Ausreden finden, um diesen Teil von mir zu verstecken. Ich hatte immer zwei Coming Outs: Zuerst über meine Geschlechtsidentität als Transmaskulin und zweitens als Psychisch Betroffene. Heute bin ich ein wenig erleichtert, dass ich offen auf dieser Bühne stehen und darüber sprechen kann. Meine Rede ermutigt auch andere wie mich, aufzustehen und darüber zu sprechen. Behinderung ist nicht Unberührbarkeit. Vielen Dank
4.) Redebeitrag: Angehörige von Menschen im Maßregelvollzug
Vielen Dank das ihr alle heute da seid, um gegen Ausgrenzung und Diskriminierung zu protestieren.
Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass 618 Menschen heute nicht hier sein können. Denn sie sind im Berliner Krankenhaus des Maßregelvollzugs eingesperrt. Sie sind dort, weil sie eine Straftat begangen haben und eine psychiatrische Diagnose haben.
Viele Menschen haben Angst vor Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und grenzen sie aus. Denn in den Medien und in Gesprächen wird oft gesagt, dass alle Menschen im Maßregelvollzug sehr gefährlich sind. Dass sie andere Menschen getötet oder schwer verletzt haben. Aber das stimmt nicht. Im Berliner Maßregelvollzug sind nicht 618 Menschen eingesperrt, die andere Menschen getötet oder schwer verletzt haben. Es sind Menschen, die sich mit Gewalt oder Bedrohung gewehrt haben: gegen eine Zwangsbehandlung in der Psychiatrie, gegen einen Polizeieinsatz oder gegen Gewalt. Es sind Menschen, die in einer Krise keine Hilfe bekamen und dann eine Straftat begangen haben. Die in einem Streit gewalttätig geworden sind.
Ihr Pech ist, dass sie zusätzlich eine psychiatrische Diagnose haben. Wenn sie keine Diagnose hätten, würden sie vom Gericht eine Strafe bekommen. Sie müssten eine Geldstrafe bezahlen. Oder für eine befristete Zeit in ein Gefängnis. Weil sie eine psychiatrische Diagnose haben, müssen sie in den Maßregelvollzug. Diese Strafe ist nicht befristet. Viele Menschen sind deshalb viele Jahre im Maßregelvollzug. Viel länger als andere Menschen in ein Gefängnis müssen. Das ist ungerecht. Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung werden hier schlechter behandelt als andere Menschen. Das verstößt gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Diesen Vertrag haben viele Länder unterschrieben. Auch Deutschland hat ihn unterschrieben. Der Vertrag verbietet, dass Menschen wegen einer Behinderung schlechter behandelt werden als andere. Aber genau das macht der Maßregelvollzug.
Die Bedingungen im Berliner Maßregelvollzug sind sehr schlecht. Es gibt viel zu wenig Personal und zu wenig Unterstützung. Die Patient*innen im Maßregelvollzug haben kaum oder gar keine Therapie, Ärzt*innen, Beschäftigungsangebote, Sport oder Pflegekräfte. Die Zimmer sind überbelegt. Die Patient*innen werden auf engstem Raum zusammen gesperrt. Das Haus ist kaputt und wird nicht repariert. Viele werden durch diese Situation krank, traurig, verlieren jede Hoffnung, werden wütend oder aggressiv. Sie können erst entlassen werden, wenn eine Ärzt*in sagt, dass sie nicht gefährlich sind. Dafür sollen sie Medikamente nehmen und Therapie machen. Jedes Jahr wird geprüft, ob sie entlassen werden können. Dann heißt es „Sie müssen noch hier bleiben, sie haben gar keine Therapie gemacht.“ Aber die Patient*innen konnten gar keine Therapie machen, weil die Therapie immer ausfällt. So haben sie keine Chance auf eine Entlassung.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit hat die Aufgabe, die Probleme im Maßregelvollzug zu lösen. Aber sie kümmert sich nicht um die Probleme von den Patient*innen. Doch die Patient*innen brauchen dringend und jetzt eine Lösung. Immer mehr Plätze im Maßregelvollzug sind keine Lösung. Die Menschen brauchen gute Angebote zur Unterstützung. Sie brauchen Hilfe, bevor es zu einer Straftat kommt. Die Menschen brauchen Möglichkeiten, ihr Leben wieder selbst zu gestalten.
Die Senatsverwaltung muss die Krise nutzen, um den Maßregelvollzug in Deutschland Schritt für Schritt abzuschaffen. Menschenrechte gelten für alle Menschen. Wir fordern die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir fordern die Abschaffung des Maßregelvollzugs. Wir fordern die Abschaffung der Gesetze, die Menschen mit Behinderung und in psychischen Krisen benachteiligen.
Ziel: Südblock
6.) Moderation
(Text liegt leider nicht vor.)
7.) Künstlerischer Beitrag: Andrea Lauer
Die Tasche in ihrem Kopf
Sie hat Glück.
Sie ist gesund. Ihre Familie ist gesund.
Menschen lieben sie.
Es gibt Menschen, die sie liebt.
Sie hat genug Geld.
Sie kann Essen kaufen.
Und Kleidung. Und die Miete zahlen.
Im Winter hat sie es warm.
Im Sommer kann sie im Schatten sitzen.
Trotzdem hat sie Angst im eigenen Land.
Denn sie ist eine Frau.
In ihrem Land gibt es Menschen,
die gegen Gleichberechtigung sind.
Sie finden, Frauen sollen kochen und putzen.
Sie sollen auf die Kinder aufpassen.
Sie sollen sich um die Männer kümmern.
Frauen sollen wieder den Mund halten.
Es gibt sogar Menschen, die drohen Frauen.
Sie drohen mit Schlägen.
Sie drohen mit Verachtung.
Sie drohen mit Vergewaltigung.
Sie werden wieder lauter.
Frauen müssen für ihre Rechte kämpfen.
Immer und immer wieder neu.
Das weiß sie schon lange.
Aber diese Angst!
Die hätte sie nicht für möglich gehalten.
Und manchmal möchte sie nur noch weg.
Denn sie hat Angst im eigenen Land.
Sie ist Mutter.
Sie hat einen Sohn.
Er ist weich und warm.
Er hat ein großes Herz.
Er kann lieben.
Voll Leidenschaft.
Tief.
Und ganz.
Sie hat Angst um diesen wunderbaren Menschen.
Sie hat Angst, jemand schickt ihn in den Krieg.
Sie hat Angst, dass sie das nicht verhindern kann.
Angst, dass Krieg ausbricht.
Auch hier. Auch in Deutschland.
In ihrem Heimat-Land.
Menschen müssen den Frieden achten.
Immer und immer wieder neu.
Das weiß sie schon lange.
Aber diese Angst!
Die hätte sie nicht für möglich gehalten.
Und manchmal möchte sie nur noch weg.
Dann packt sie im Kopf eine Tasche.
Sie lebt mit einer Behinderung.
Alle können es sehen.
Ohne Rollstuhl ist sie hilflos.
Es gibt Menschen, die beschimpfen Behinderte.
Krüppel! Idiot! Spaßt!
Diese Menschen leben hier.
In ihrem Heimat-Land.
Sie sind wieder Deutsch.
Sie wollen Behinderte zählen.
Registrieren.
Abschaffen.
Sie sagen wieder offen: Behinderte sind zu teuer.
Die sollen wieder weg-gesperrt werden.
Erste Gesetze wurden dafür geändert.
Sie machen ernst.
Behinderte Menschen müssen für ihre Rechte kämpfen.
Immer und immer wieder neu.
Das weiß sie längst.
Aber diese Angst!
Die hätte sie nicht für möglich gehalten.
Und manchmal möchte sie nur noch weg.
Und dann überlegt sie: Wo kann sie hin?
Und dann packt sie im Kopf eine Tasche.
Denn sie hat Angst im eigenen Land.
Sie lebt mit einer Frau.
Sie liebt sie innig. Sie küsst sie. Gern und oft.
Sie schläft mit ihr.
Doch Menschen sagen wieder offen,
dass Lesben krank, unnormal und ekelhaft sind.
Sie leben hier. In ihrem Heimat-Land.
Sie wollen wieder sagen, was normal ist.
Wieder werden Lesben und Schwule
auf der Straße beleidigt und geschlagen.
Lesben müssen für ihre Rechte kämpfen.
Immer und immer wieder neu.
Sie weiß das.
Aber diese Angst!
Diese furchtbare Angst,
die hätte sie nicht für möglich gehalten.
Und manchmal möchte sie nur noch weg.
Und dann überlegt sie: Wo kann sie hin?
In welchem Land ist sie sicher.
Als Frau. Als Mutter. Als Behinderte. Als Lesbe.
Als Mensch.
Dann packt sie im Kopf ihre Tasche.
Denn sie hat Angst im eigenen Land.
Es ist ihr Land. Ihre Heimat.
Deutschland.
Dieses Land, das so viel Leid verbreitet hat.
Ihr fällt es schwer dieses Land als Heimat zu bezeichnen.
Denn sie erinnert sich,
wozu wir Menschen in Deutschland fähig waren.
Und sie hat Angst. Und sie will weg von hier.
Und sie fragt sich: Wo kann ich hin?
Dann packt sie im Kopf eine Tasche.
Eine Tasche in die alles passt.
Essen. Trinken. Warme Kleidung. Medikamente. Ein Buch.
Fotos der Menschen, die ihre Heimat zur Heimat gemacht haben.
Und vielleicht, ganz vielleicht auch ein Kuscheltier.
Sie kann sich auch woanders zu Hause fühlen.
Bei Menschen, die sie liebt.
Bei Menschen, die sie lieben.
Zum Leben braucht sie keine Heimat.
Also packt sie im Kopf eine Tasche.
Denn sie hat Angst im Heimatland.
Und dann macht der Sohn einen Scherz.
Und dann kämpfen junge Menschen für eine gesunde Umwelt.
Und dann streichen die Katzen um ihre Beine.
Und dann entscheidet ein Gericht klug.
Und dann kommen Freunde in ihr Haus.
Und sie trinken Kaffee und reden von Glück.
Und dann nimmt die Liebste sie in den Arm.
Und ganz vorsichtig packt sie die Tasche wieder aus.
Die Tasche in ihrem Kopf.
Dass ihre Heimat auch ihr Zuhause bleibt.
8.) Redebeitrag: Eugenija
Ich heiße Eugenija. Ich bin 45 Jahre jung. Ich bin geboren in Russland, im Süden Sibiriens. Als ich 14 Jahre war, ist meine Familie nach Deutschland gezogen. In dem Dorf in Russland, wo wir gewohnt haben, gab es keine Schule für behinderte Menschen.
Ich war 14 Jahre, als ich auf eine erste Schule für Körperbehinderte in Sindelfingen kam. Ich war dort 6 Jahre lang, dann kam ich in eine Werkstatt für Behinderte nach Leonberg. Dort habe ich gearbeitet, 10 Jahre lang. Dann es war mir nach Kündigen, weil ich hatte genug von Werkstatt. Dann war ich ein paar Jahre Zuhause, bis meine Tante gestorben ist. Ich habe zu der Zeit mit meiner Tante und Großmutter gelebt.
Danach habe ich ein paar Jahre mit meinen Eltern zusammen gewohnt. Im Jahr 2017 zog ich nach Berlin, wo ich zum ersten Mal ich selbst sein konnte. Dann begann meine Verwandlung Mann zu Frau, weil ich Trans bin. In Berlin ich konnte das einfacher machen, als in Leonberg. Das ist Baden-Württemberg, wo meine Eltern leben. Meine Familie ist gegen meine Verwandlung. Das ist schwierig für mich, aber in Berlin ich konnte das ohne Druck von meiner Familie machen. Und jetzt lebe ich schon 5 Jahre als Frau.
Ich bin seit ein paar Jahren im Orga-Team mit dabei. Wenn ihr mehr erfahren wollt über die Parade, sprecht uns bitte an.
Menschen mit Behinderung, die trans sind, haben es schwer. Sie sind zum einen von doppelter Diskriminierung betroffen. Zum anderen sind sie bei alltäglichen Dingen auf Hilfe durch andere Menschen angewiesen. Zum Beispiel beim Anziehen und Schmuck anziehen und so weiter.
Aber uns in Deutschland geht es noch gut. In anderen Ländern ist Transsexualität verboten und es gibt keine Hilfen wie hier in Deutschland. Deshalb lasst uns solidarisch sein mit allen Menschen auf der ganzen Welt.
Vielen Dank fürs Zuhören
9.) Glitzerkrücke
Liebe Freunde der Glitzerkrücke!
Nun ist es wieder soweit! Wir wollen mit Euch zusammen darüber entscheiden, wer sich dieses Jahr die Glitzerkrücke verdient hat :)
Die Glitzerkrücke ist ein Negativpreis. Mit dem Preis wollen wir darauf aufmerksam machen, wer oder was sich besonders schlimm hervor getan hat bei der Diskriminierung von be_hinderten und ver_rückten!
Wie jedes Jahr, haben wir eine Umfrage gestartet und von den eingetroffenen Vorschlägen drei ausgesucht, die wir Euch heute vorstellen wollen. Aus diesen drei wird heute der Gewinner gewählt. Wie immer war es schwer, die drei „Favoriten“, also schlimmsten, auszuwählen. Aber nun wollen wir euch diese drei zu Wahl vorstellen.
Als erstes nominieren wir die Psychiatrischen Stationen des Urban Krankenhauses. Das Urban ist das Krankenhaus für diesen Bezirk, Friedrichshain-Kreuzberg.
Hier werden verrückte zwangsweise wegsperrt, wenn andere Menschen denken, dass sie für sich oder andere eine Gefahr sind. Die Betroffenen können sich nicht selber aussuchen, in welches Krankenhaus sie gebracht werden. Es ist immer das Krankenhaus ihres Wohnortes.
Aber das Urban ist nicht für Psychiatrische Stationen gebaut worden. Es gibt keine Räume, in denen sich Menschen ausruhen können. Es gibt keine Räume, in die man sich zurückziehen kann. Es gibt keine guten Räume für Therapien. Außerdem gibt es keine Freifläche, das bedeutet die Menschen können nicht alleine in den Garten gehen. Sie sind immer auf der Station eingesperrt, die schlecht ausgestattet ist. Und dann ist die Station auch oft zu voll! Und das, obwohl selbst das Gesetz sagt, dass es Freiflächen für die Menschen geben muss! Es gibt auch nicht genug Personal, das mit den Menschen rausgehen kann. Das medizinische Team des Urbans kritisiert die Missstände schon lange und sieht eine Menschenwürdige Versorgung der Patient*innen so nicht möglich.
Diese Menschen werden teilweise gegen ihren Willen ins Krankenhaus gebracht und eingesperrt. Und dann bekommen sie noch nicht mal eine gute Unterstützung, sondern erfahren viel Gewalt!
Wir nominieren das Land Berlin, den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und alle zuständigen Personen, für die bewusste Zwangseinweisung von Patient*innen in ein Krankenhaus mit unmenschlichen Umständen! Wir nominieren den Vivantes Konzern, weil er nicht genug Personal stellt und die Menschen daher tagelang nicht an die frische Luft können. Es muss eine andere Lösung her! Und zwar schnell!
Als zweites wollen wir die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung nominieren. Warum, das sagen wir euch jetzt mit viel Ironie:
Die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung kümmert sich um hilfebedürftige kranke Menschen. Die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung ist da ganz modern: Sie sagen nicht Menschen mit Behinderung, sie sagen krank und hilfebedürftig. Das Ziel ist klar: Hilfe zur Selbsthilfe und am Ende kommt ein gesunder selbstständiger Mensch raus. Mit Regenbogenfahnen Richtung ableistische Norm.
Die Mitarbeitenden nehmen die Strapaze auf sich mit kranken Menschen zu arbeiten, die es wagen aktivistisch unterwegs zu sein. Es ist für sie eine große Strapaze mit kranken Menschen zu arbeiten. Und dann wagen die kranken Menschen es auch noch Termine zu haben.
Die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung ist sehr klug, wenn Menschen nicht mit den Grenzen ihrer Erkrankung umgehen können, weiß die Eingliederungshilfe besser für sie, was sie brauchen als sie selbst: Kranke Menschen müssen begrenzt werden und zu Hause bleiben. Die Menschen können nach Meinung der Eingliederungshilfe ihre Grenzen und Erschöpfung nicht wahrnehmen. Deshalb nimmt die Eingliederungshilfe die Grenzen für sie wahr. Die Eingliederungshilfe nimmt sowieso alles für die Menschen wahr: Zum Beispiel Termine mit Ämtern, am liebsten alles nach dem Motto kranker und hilfebedürftiger Menschen: „Alles über uns ohne uns!“. Und weil sie das alles so gut macht, muss die Eingliederungshilfe auch gar nicht dokumentieren, wie viel Zeit sie für eine Leistung aufgewendet hat. Diskussionen über Minuten gilt es zu vermeiden.
Das alles leistet die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung, obwohl die Zeiten hart sind, denn man darf ja nichts mehr sagen, dass wird dann ja von den kranken Menschen als übergriffig bewertet und dann beschweren die sich auch noch.
Ganz im Ernst: Wir nominieren die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung, weil behindert nicht krank und hilfebedürftig bedeutet. Wir wissen selber, was wir brauchen und wollen nicht bevormundet werden!
Und zuletzt wollen wir noch einen Punkt vorstellen, der auch für uns als Vorbereitungsgruppe der Behindert und verrückt feiern Pride Parade richtig doof ist.
Bei unseren Treffen brauchen wir eine Übersetzung zwischen deutscher Gebärdensprache und deutscher Lautsprache. Dank Eurer spenden und einer Gruppe Dolmetscher*innen die uns unterstützt, gibt es diese oft! Hier nochmal ein großer Dank an Euch und die Dolmis!
Aber leider geht es nicht immer. Es gibt zwar ein Gesetz. In dem Gesetz steht: Taube Menschen haben ein Recht auf Übersetzung in Gebärdensprache. Das gilt immer, wenn sie Übersetzung brauchen. Die Übersetzung wird von den Sozial-Ämtern bezahlt. Aber die Sozial-Ämter sind sehr kreativ. Sie finden fast immer Gründe, warum ein tauber Mensch gerade jetzt keine Übersetzung braucht.
Wieso gibt es kein Recht auf Übersetzung zwischen Gebärdensprache und Lautsprache , das auch wirklich funktioniert? Für Einzelne für ihre Mitarbeit in ehrenamtlichen Gruppen, oder ganz allgemein für jede Art von Arbeit und Freizeit? Ist die Verständigung von Hörenden und Nicht-Hörenden nicht wichtig für unsere Gesellschaft?
Die Deutsche Gebärdensprache ist ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft und sollte daher auch überall zugänglich sein und gefördert werden!
Wir nominieren daher die mehr als 300 Sozial-Ämter in Deutschland und die Bundesregierung für ihre nicht Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonventionen von 2009, vor allem für taube Menschen!
Liebe Leute! Das waren die Nominierungen für die Glitzerkrücke 2024!
Unsere Nummernfee, Carmela, wird nun die Abstimmung leiten. Umso lauter ihr für eine Nummer seid, umso mehr hat sie die Glitzerkrücke verdient.
Also: Wenn ihr findet, dass die Nummer 1, die Psychiatrischen Stationen des Urban Krankenhauses, und dafür das Land Berlin, der Bezirk Kreuzberg/Friedrichshain und der Vivantes Konzern sich die Glitzerkrücke verdient haben, für die bewusste Einweisung in ein Krankenhaus mit unmenschlichen Zuständen, werdet jetzt laut!
Und nun werdet laut für die Nummer 2. Als zweites nominieren wir die Eingliederungshilfe der Schwulenberatung. Behindert bedeutet nicht krank und hilfebedürftig! Wir wissen selber, was wir brauchen und wollen nicht bevormundet werden!
Und nun, zum Schluss, zeigt nochmal eure Zustimmung für die Nominierung Nummer 3, haben sich die Sozial-Ämter in Deutschland und die Bundesregierung die Glitzerkrücke verdient? Für die andauernde Ausgrenzung und das verhindern von Teilhabe durch fehlende Verdolmetschung von DGS und deutscher Lautsprache?
10.) Moderation
(Text liegt leider nicht vor.)